Birkenzucker, Birkenxucker oder Xylit – Wo kommt es vor?

Xylit, auch unter den Namen Birkenzucker, Birkenxucker oder Xylitol/E 967 bekannt bzw. deklariert, ist mittlerweile häufig in alltäglichen Lebensmitteln wie Keksen, Bonbons, Kaugummis, Gummibärchen oder Backwaren enthalten. Zudem erfreut er sich als Zutat zum Backen und Kochen (in seiner Pulverform) wachsender Beliebtheit.

Ähnlich wie handelsüblicher Haushaltszucker hat Xylit eine stark süßende Wirkung, dabei aber sehr viel weniger Kalorien, was ihn für Ernährungsbewusste attraktiv macht. Er fällt somit in die Klasse der Zuckerersatzstoffe.

Da er auch für die Zähne bei weitem unbedenklicher, wenn nicht sogar positiv für diese, sein soll, ist er auch in vielen Zahnpasten bzw. zahnmedizinisch empfohlenen Kaugummis/Bonbons enthalten.

Nach momentanem wissenschaftlichen Stand ist dies für Menschen auch völlig unbedenklich – allerdings nicht für Hunde.

Für Hunde ist dieser Zuckerersatzstoff hochgiftig. (Dies gilt nicht für das natürlicherweise in Obst und Gemüse vorkommende Xylitol, die Menge ist so gering, dass es den Tieren nichts ausmacht, wir beziehen uns hier rein auf das künstlich hergestellte/zugesetzte Xylit in Humanlebensmitteln.)

Mein Hund hat Xylit gefressen – was jetzt?

Der Unterschied zwischen der Verstoffwechslung von Xylit zwischen Menschen und Hunden (und Kaninchen und Frettchen) besteht darin, dass Xylit beim Menschen keine bzw. kaum Insulinausschüttung auslöst, da der Blutzuckerspiegel durch dessen Einnahme nicht signifikant ansteigt.

Beim Hund dagegen melden die für den Blutzuckerspiegel zuständigen Rezeptoren einen starken Blutzuckeranstieg nach Einnahme von Xylitol. Die natürliche Reaktion des Körpers ist die Ausschüttung von Insulin. Effektiv ist der Blutzuckerspiegel aber gar nicht angestiegen (wir erinnern uns, Xylit hat fast keine Kalorien). Da trotzdem viel Insulin ausgeschüttet wurde, sinken die Blutzuckerwerte nicht von hoch auf normal, sondern von normal auf niedrig bis extrem niedrig (Hypoglykämie). Eine Hypoglykämie ist potentiell (schnell) lebensbedrohlich und geht oft mit Krämpfen und Koma einher. Wird dies nicht schnell erkannt und behandelt, ist oft der Tod die Folge.

Zudem greift das Xylit als Giftstoff die Leber der Tiere an (nicht alle sind davon aber gleich stark betroffen, dies ist individueller als die Hypoglykämie), was bis hin zu akutem Leberversagen und dadurch ausgelöstem Tod führen kann.

Gibt es verträgliche Mengen für Hunde?

Wie bereits eingangs erwähnt sind lediglich die in Obst und Gemüse natürlicherweise vorkommenden Mengen gering genug, um keine Symptome auszulösen.

Im Fall des industriell verwendeten Birkenzuckers reichen bereits sehr kleine Mengen für eine Vergiftung beim Hund.

Die allgemeinen Angaben liegen bei 0,1g Birkenzucker/Kg Körpergewicht des Hundes – bereits hier kommt es zu einer potentiell tödlichen Vergiftung. Zum Vergleich: ein normales Stück Kuchen, nach üblichen Rezepten gebacken, enthält bereits 10g Zucker – bzw. in dem Fall Xylit – ein Viertel Stück Kuchen würde also bereits genügen, um einen 30kg-schweren Hund in Lebensgefahr durch Unterzucker zu bringen.

Akutes Leberversagen tritt statistisch betrachtet ab einer Menge von 0,5g Xylit/kg Körpergewicht (je nach Veranlagung) auf.

Ebenso gibt es Hunde, die keine Anzeichen einer Unterzuckerung zeigen, trotzdem aber ein Leberversagen erleiden.

Grundsätzlich sollte aber unabhängig vom Gewicht des Hundes und der aufgenommenen Menge sofort die Tierarztpraxis verständigt werden – denn auch der Stoffwechsel funktioniert individuell und bei manchen Hunden reichen auch geringere Mengen für Vergiftungserscheinungen.

Da diese schwerwiegend sein können, ist eine sofortige Reaktion von Seiten der Halter:innen oft lebensrettend.

Auch ist es in Feritgprodukten oft kaum zu erkennen, wie viel Xylit wirklich enthalten ist. Es wird zwar als Zutat aufgeführt, die Menge muss dabei aber nicht genannt werden.

Bei Backwaren kann generell davon ausgegangen werden, dass die Menge der üblicherweise enthaltenen Menge an Zucker entspricht, bei Kaugummis kann die Menge schwanken, liegt meist aber bei ca. 0,3g/Kaugummi.

Am gefährlichsten ist natürlich der reine Birkenzucker in Pulverform – hier ist ein Löffel i. d. R. Tödlich.

Symptome erkennen

Erstsymptomatik

In den ersten 30 Minuten (bis zu 12 Stunden, in der Regel aber früher) kommt es zu typischen Symptomen der Unterzuckerung wie Unruhe, Erbrechen, gefolgt von unkoodinierten Bewegungen bzw. gestörten Bewegungsabläufen. Es folgen Sehstörungen mit Orientierungslosigkeit, Teilnahmslosigkeit bis zum Bewusstseinsverlust, Krämpfe ähnlich epileptischen Anfällen und Koma.

Diese Symptome können bei einer großen, leberschädigenden Menge Xylit u. U. verzögert auftreten (bis zu 2 Tage später).

Spätsymptomatik

Symptome des Leberversagens (Spätsymptome, bis zu 3 Tage nach Aufnahme) zeigen sich in Form von Erbrechen, Teilnahmslosigkeit, Blut in Kot und Haut (Einblutungen in den Schleimhäuten) und Ikterus (gelbe Verfärbung der Schleimhäute, der Haut und des weißen Bereichs der Augen (Skleren)).

Erste Hilfe

Ihr Hund hat Xylit aufgenommen? Dann informieren Sie sofort Ihre Tierarztpraxis. Bitte rufen Sie IMMER vorher an, denn sollte die Praxis einmal nicht besetzt sein, gehen Ihnen wertvolle Minuten verloren.

In der Praxis wird man zunächst versuchen, Ihren Hund zum Erbrechen zu bringen, falls die Aufnahme nicht schon zu lange zurück liegt. In der Regel macht dies innerhalb der ersten Stunde Sinn, danach befindet sich das Gefressene nicht mehr im Magen, sondern bereits im Darm.

Versuchen Sie nicht, ihn selbst zum Erbrechen zu bringen – in den meisten Fällen funktioniert dies ohne Medikamente nicht und Sie verlieren Zeit.

In der Praxis werden die Blutwerte (Blutzucker, Leberwerte vor allem) Ihres Hundes ermittelt, er erhält in der Regel eine Infusion mit Glucose sowie leberunterstützende Therapien und Medikamente, die die Blutgerinnung regulieren (diese wird von einer Schädigung der Leber ebenfalls beeinflusst). Meist muss er über Nacht überwacht werden.

Obwohl dies überwiegend in Tierkliniken erfolgt macht es trotzdem Sinn, für die Erstversorgung zu einer ortsansässigen Praxis zu fahren, um die Erstmaßnahmen möglichst schnell einzuleiten.

Auch eine Bluttransfusion kann je nach Zustand nötig werden.

Xylit, ein Todesurteil?

Nein, so pauschal kann man das nicht sagen. Es ist zum einen von der aufgenommenen Menge, zum anderen von der Geschwindigkeit der aufgenommenen Gegenmaßnahmen abhängig. Dazu kommt noch die individuelle Veranlagung des Hundes.

Grundsätzlich aber ist Xylit potentiell tödlich, je mehr aufgenommen wird, desto schlechter die Prognose.

Unbehandelt führt die Aufnahme von Xylit ab den genannten Mengen aber fast sicher zum Tod durch Hypoglykämie oder Leberversagen.

Bei einer Behandlung hängt die Prognose maßgeblich vom Grad der Leberschädigung ab – die Unterzuckerung lässt sich, unter stationärer Überwachung, sehr gut behandeln. Eine Leberschädigung kann dagegen nur unterstützend behandelt werden, daher ist die Prognose hier deutlich schlechter.

Damit es gar nicht dazu kommt:

Am einfachsten ist es natürlich, erst gar keine xylithaltigen Lebensmittel in einen Hundehaushalt zu bringen.

Möchten Sie aber auf die Verwendung nicht verzichten, müssen die entsprechenden Lebensmittel unbedingt vor dem Hund sicher verwahrt werden. Bedenken Sie bitte auch, dass gerade kleine Kinder ihr Essen gerne mit Hunden teilen – dies muss bei xylithaltigen Produkten unbedingt verhindert werden.

Denken Sie bitte auch an krümelnde Familienmitglieder in Kombination mit Staubsauer-Hunden.

Schauen Sie sich Zutatenlisten genau an, nicht immer steht bereits auf der Vorderseite deutlich sichtbar, dass Xylit (E 967) enthalten ist.

Besonders oft enthalten diätetische oder kalorienarme Produkte Birkenzucker.

Keine Menschen-Zahnpasta/Zahnprodukte für Hunde! Bitte verwenden Sie ausschließlich für Hunde hergestellte Produkte.

Für Katzen ist Xylit nach momentanem Kenntnisstand nicht giftig!

(Aber wir würden Ihnen auch nicht empfehlen, es auszuprobieren…)